Institut für Sportwissenschaft, LFU Universität Innsbruck; Department Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Medizinische Universität Innsbruck
Theoretischer Hintergrund
Körperliche Aktivität bei Personen mit psychischen Störungen (Patient*innen) wies antidepressive und anxiolytische Wirkungen auf. Gerade in dieser Population ist das Ausmaß an körperlicher Aktivität jedoch zu niedrig. Ziel dieser Studie war es, Präferenzen, Motive und wahrgenommene Hindernisse für körperliche Aktivität bei Patient*innen im Vergleich zu Personen ohne diagnostizierte psychiatrische Erkrankung (Kontrollgruppe) zu ermitteln.
Methodik
Insgesamt nahmen 230 Patient*innen (Alter = 39,5 ± 14,0 Jahre, 80 % weiblich) mit depressiven Störungen (34 %), Angststörungen (38 %) oder einer posttraumatischen Belastungsstörung (28 %) an einer Online-Querschnittsbefragung teil. Dabei wurden Präferenzen, Motive und wahrgenommene Hindernisse für körperliche Aktivität erhoben. Die Patient*innengruppe bestand aus 100 Patient*innen mit einer diagnostizierten psychischen Störung (klinische Patient*innengruppe) und 130 Personen mit selbstberichteten psychischen Störungen (Online-Patient*innengruppe). Patient*innen der klinischen und der Online-Patient*innengruppe wurden einander immer dann gegenüber gestellt, wenn sie sich signifikant unterschieden. Die Patient*innengruppe wurde mit einer gesunden Kontrollgruppe, gematcht nach Alter und Geschlecht, verglichen (n = 230, Alter = 39,4 ± 14,9 Jahre, 80 % weiblich).
Ergebnisse
Im Vergleich zur Kontrollgruppe wies die Patient*innengruppe weniger körperliche Aktivität und mehr sitzende Stunden täglich auf. Die Patient*innengruppe berichtete über eine geringere Präferenz für anspruchsvollere Bewegungsformen wie Wandern, Radfahren und Laufen. Die am häufigsten bevorzugte Bewegungsform stellte in beiden Gruppen Spazieren/Gehen und Yoga dar. Im Vergleich zur Kontrollgruppe wies die Patient*innengruppe weniger Motive und mehr wahrgenommene Hindernisse für körperliche Aktivität auf. Einige Unterschiede in den Motiven und den wahrgenommenen Hindernissen für körperliche Aktivität wurden zwischen der klinischen und der Online-Patient*innengruppe festgestellt.
Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse der geringen körperlichen Aktivität bei psychiatrischen Patient*innen stimmen mit jenen der Literatur überein. Aufgrund der mangelnden Motivationsfaktoren von Patient*innen und der Wahrnehmung vieler Hindernisse sollten Gesundheitsdienstleistende in Betracht ziehen, verschiedene und individuell zugeschnittene Formen der körperlichen Aktivität anzubieten. Leichtere Bewegungsformen wie beispielsweise Spazierengehen und Yoga scheinen am ehesten durchführbar zu sein und bieten eine gute Ausgangslage dafür, wahrgenommene Hindernisse für körperliche Aktivität zu überwinden.
Carina S. Bichler, Martin Niedermeier, Andrea Gufler, Mátyás Gálffy, Barbara Sperner-Unterweger, Martin Kopp, A case-control study on physical activity preferences, motives, and barriers in patients with psychiatric conditions, Comprehensive Psychiatry, Volume 111, 2021, 152276, ISSN 0010-440X.
https://doi.org/10.1016/j.comppsych.2021.152276.